Eine kleine Geschichte über die Hoffnung
Elpis hängt in der Luft. Schlimm ist das nicht, denn sie hängt dort an einer Wurzel. An der Luftwurzel. Wo die Luftwurzel festgemacht ist? Nun, soll man es doch wie auch immer benennen. Wichtig ist nur, dass sie trägt und hält. Jedenfalls kann Elpis darauf klettern, ein Nickerchen machen, auf ihr schaukeln oder sich auf sie drauf stellen und hinunter gucken auf das Treiben der Welt.
Lauter stolze Eichen sieht sie dort, die ganz damit beschäftigt sind, ihre Kronen festzuhalten. „Hallo, hier oben bin ich“, ruft Elpis den Eichen zu. Doch jene wollen ihr nicht zuhören. „Nehmt euch in Acht vor Elpis; denn ändern kann auch sie nichts und die Enttäuschung folgt ihr auf dem Fuß “, lautet eine alte Eichenweisheit. Lieber lassen sie die unterirdischen Freigeistfresser weiter an ihren Wurzeln nagen. Nur die stolzeste der Eichen schleudert Elpis entgegen: „Du bist doch nur eine Illusion!“ Jene aber antwortet verschmitzt: „Vielleicht ist es auch nur eine Illusion, dass deine Krone eine Bedeutung hat und es fällt nur nicht auf, weil so viele daran glauben.“
Da ist die stolze Eiche gleich beleidigt wie eine dicke, fette Leberwurst. „Ach, was hast du überhaupt zu bieten“, raunzt sie nur. „Ein Lebensgefühl“, ruft Elpis, lacht dabei hell und laut, wie ein kleines Mädchen, und schaukelt auf ihrer Luftwurzel so enthusiastisch, dass sie in eine Wolke hineinsaust und mitten darin stecken bleibt. Und da, als Elpis nun gar nicht mehr in Reichweite zu sehen ist, ja wie von der Welt gänzlich verschluckt scheint, da bekommen die stolzen Eichen einen so gewaltigen Schrecken, dass ihnen schier das Harz in der Rinde gefriert.